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Geschichte des Tonfa – Schlagstock
Wie andere Kobudo-Waffen entstammte auch der Tonfa (bekannt auch als Tuifa, Tongwa oder Tunfa) ursprünglich der Landwirtschaft. Okinawanische Bauern modifizierten dieses Gerät, um sich gegen die japanischen Besatzer des Satsuma-Klans zur Wehr zu setzen. Als improvisierte Waffe erwies sich der Tonfa in den Händen von Kampfkunstexperten als außerordentlich wirksam.
Entwicklung der Tonfa
Der exakte Ursprung des Tonfas ist nicht mehr vollständig nachzuvollziehen, jedoch gibt es historische Texte und Abbildungen, die darauf hindeuten, dass der Tonfa ursprünglich eine Kurbel an Mühlsteinen war. Der Griff bzw. der lange Teil des Tonfas wurde so in eine seitlich am Mühlstein angebrachte Öffnung gesteckt, dass ein Teil des Tonfas nach oben herausragte und der Mühlstein damit gedreht werden konnte. Aufgrund der heutigen Form des Tonfas, die eher kompakt ist, geht man davon aus, dass damals ein größeres Griffstück verwendet wurde, um die notwendige Hebelkraft für den schweren Mühlstein zu erzeugen.
Zunächst als Werkzeug entwickelt, konnte diese Kurbel jedoch auch als gut getarnte Waffe dienen. Einige Historiker vermuten, dass der Tonfa ursprünglich in China als Waffe verwendet wurde (chinesisch 拐, Pinyin Guǎi, W.-G. Kuai – „Krücke“) und sich von dort aus in anderen asiatischen Ländern verbreitete. Die Idee, Werkzeuge als Waffen zu nutzen, entstand also nicht ausschließlich in Okinawa. Obwohl der Tonfa heute als typisches Symbol des okinawanischen Kobudo gilt, ist seine genaue Herkunft nicht klar. Es gibt verschiedene Theorien, wie der Tonfa den Weg in die japanischen Kampfkünste fand. Einer der Hauptgründe für die stärkere Verbreitung als Waffe dürfte das Schwertverbot gewesen sein, das die Bauern und Bürger Okinawas zwang, improvisierte Waffen aus Alltagsgegenständen zu entwickeln.
Wie auch bei anderen landwirtschaftlichen Werkzeugen, die zur Waffe umfunktioniert wurden – etwa die Kama (Sichel), Sai oder das Nunchaku – bot der Tonfa den Bauern eine überraschend effektive Möglichkeit, sich zu verteidigen. Da der Tonfa in seiner ursprünglichen Form ein Alltagsgegenstand war, der in vielen Dörfern genutzt wurde, war es für die Besatzer undenkbar, jede einzelne dieser „Waffen“ zu konfiszieren. Dies ermöglichte es den Okinawanern, die Tonfas unbemerkt zu nutzen und gegen die Okkupanten einzusetzen.
Heute kennt man den Tonfa eher als Schlagstock, insbesondere als Mehrzweckeinsatzstock (MES), Einsatzmehrzweckstock (EMS) oder Rettungsmehrzweckstock (RMS), der von Polizei und Sicherheitskräften weltweit eingesetzt wird. Diese modernen Versionen haben jedoch wenig mit der ursprünglichen Waffe und ihrer traditionellen Anwendung gemein, bei der der Tonfa grundsätzlich paarweise benutzt wurde. Die traditionellen Techniken und Anwendungen des Tonfas findet man noch in den verschiedenen Schulen des Kobudo, wo er weiterhin als Bestandteil des klassischen Waffenrepertoires gelehrt wird.
Anatomie der Waffe
Der Tonfa zeichnet sich durch seinen länglichen Körper und einen daran befestigten Griff aus, der in einem Kopfteil endet. Trotz der Vielfalt an Modellen, die heutzutage erhältlich sind, bleibt die Grundstruktur der Waffe konstant. Der Querschnitt des Tonfa kann rund, trapezförmig oder quadratisch sein und er wird aus unterschiedlichen Holzsorten gefertigt. Obwohl einige moderne Modelle auf den ersten Blick durch ihre ausgeklügelte Konstruktion bestechen, offenbaren sie bei näherer Betrachtung oft Mängel in der Handhabung.
Es ist entscheidend zu verstehen, dass die Qualität eines Tonfa nicht allein durch das Material, den Querschnitt oder die Farbe bestimmt wird, sondern vielmehr durch seine Dichte und Balance. Diese Eigenschaften sind ausschlaggebend dafür, ob der Tonfa bei Drehbewegungen die notwendige Geschwindigkeit erreicht und somit für den Kampfeinsatz geeignet ist oder lediglich dekorativen Zwecken dient. Daher ist es ratsam, verschiedene Tonfa-Modelle auszuprobieren, um das für sich passende zu finden. Häufig erweisen sich die einfachsten Ausführungen als die robustesten und effektivsten. Hier bekommst du im Onlinekurs über Kobudo einen weiteren tollen Einblick und erhältst darüber hinaus auch noch praktische Tips beim Kauf von Tonfas – hier klicken.
Kata im Tonfa-Training
Wie beim Bo, so gibt es auch für die Tonfa spezifische Katas, die eine Abfolge von Bewegungen gegen imaginäre Gegner darstellen. Diese Katas dienen nicht nur der Perfektionierung der Techniken, sondern auch dem Verständnis der strategischen Anwendung der Tonfa in verschiedenen Kampfsituationen. Durch regelmäßiges Üben der Katas entwickeln Praktizierende ein tieferes Verständnis für die Bewegungsabläufe und die Anwendungsmöglichkeiten der Tonfa. Einige Beispiele von traditionelle Kata des Sochin ryu Kobudo sind die Tonfa Kata Dai oder Tonfa Kata Katana wo kowazu. Einen Überblick der Katas findest du auf der offiziellen Homepage des Sochin ryu Kobudo (https://www.sochin-ryu-kobudo.com/waffen-und-kata/) .
Anwendung in der Selbstverteidigung
besitzt er immer noch relevante Anwendungen in der Selbstverteidigung. Die im Kobudo erlernten Techniken und Prinzipien können effektiv zur Verteidigung gegen unbewaffnete oder bewaffnete Angreifer eingesetzt werden. Die Vielseitigkeit und Handlichkeit der Tonfa machen sie zu einer effektiven Waffe in verschiedenen Selbstverteidigungsszenarien.
Besonders wichtig bei der Anwendung der Tonfa in der Selbstverteidigung ist die korrekte Haltung während der Abwehrtechniken. Der Tonfa muss fest am Unterarm aufliegen, um die notwendigen Stabilität für Blocktechniken zu gewährleisten. In der langen Waffenhaltung sollte das kurze Stück der Tonfa zwischen dem Zen atama und Tsukagashira (dem Griffstück) am Handgelenk korrekt aufliegen, um eine stabile Grundlage für Angriffs- und Abwehrtechniken zu schaffen. Diese korrekte Haltung sorgt dafür, dass der Tonfa beim Blocken nicht verrutscht und die volle Kraft des Gegners abgewehrt werden kann.
Darüber hinaus ist die Haltung des Tonfa im Kamae (Kampfstellung) von zentraler Bedeutung. Die Sokumen (Seitenteile des Tonfa) sollten leicht nach außen zeigen, um eine optimale Abwehr und Angriffsmöglichkeiten zu bieten. Wenn der linke Fuß vorne steht, muss die linke Tonfa etwas weiter nach vorne ausgerichtet sein als die rechte, um eine schützende und offensive Position zu gewährleisten. Diese präzisen Haltungsprinzipien ermöglichen es dem Anwender, den Tonfa in Selbstverteidigungssituationen effektiv zu nutzen, sei es zur Abwehr von Schlägen oder zur Kontrolle eines Angreifers.
Die Anwendung der Tonfa erfordert sowohl technisches Geschick als auch ein tiefes Verständnis der Bewegungsabläufe. Durch regelmäßiges Training lernen die Schüler, wie sie den Tonfa sowohl defensiv als auch offensiv in der Selbstverteidigung einsetzen können, und entwickeln gleichzeitig ein hohes Maß an Präzision und Kontrolle.
Fazit
Abschließend lässt sich sagen, dass der Tonfa weit mehr als nur ein einfaches Werkzeug oder eine Waffe ist. Er verkörpert eine tiefe Verbindung zur Geschichte und Kultur Okinawas, wo aus der Notwendigkeit heraus eine effektive Methode zur Selbstverteidigung geschaffen wurde. Die wahre Kunst im Umgang mit dem Schlagstock liegt nicht allein in der physischen Beherrschung, sondern auch im Verständnis seiner Herkunft und Bedeutung. Die Balance und Dichte des Tonfa sind entscheidende Faktoren, die seine Eignung für den Kampf bestimmen und ihn von bloßen Dekorationsobjekten unterscheiden. Die Aufforderung, verschiedene Modelle zu erproben, unterstreicht die individuelle Natur der Kampfkunst – nicht jeder Tonfa passt zu jedem Praktizierenden.
Hier bekommst du einen tollen Überblick über das, was wir im Sochin ryu Kobudo trainieren.
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